Er beginnt zu erzählen. Von einem großen Bankett, von Samuel, dem glorreichen König der Hühner. „Es war eine Nacht voller Glanz. Die Hühner tanzten und sangen“. Doch die Geschichten zerplatzen, werden absurd. Der König wird ein Känguru, das Kung-Fu tanzt. Die Hühner verwandeln sich in Zwerge mit großen Hüten. Ich lache. Lachen klingt seltsam hier, als wäre es ein Fremder.
Ich stehe auf und gehe zum Fenster. Ein schmaler Spalt zwischen den Wänden. Ich drücke mein Gesicht fest gegen das Glas. Draußen steht ein Elefant mit einem Regenschirm. Er sieht mich traurig an. „Was guggst du so saublöd?“, raunzt er. Ich blinzele. „Ich… ich suche nach Antworten“, sage ich. Der Elefant lächelt. „Antworten, du Torf, sind wie Seifenblasen. Schön, aber flüchtig. Vergiss sie.“ Jeder hat sein eigenes Wesen“, antworte ich. Er zögert. „Willst du ein Spiel spielen?“ Ich überlege. „Was für ein Spiel?“ „Die Regeln sind einfach. Du musst die Zeit fangen. Sie läuft immer davon“, sagt der Elefant und schaut auf die tickende Uhr. Die Uhr tickt schneller. Ziffern verschwinden am Himmel. Ich bücke mich. Die Zeit fliegt vorbei wie ein Vogel mit ausgebreiteten Flügeln. Ich jage ihr nach. Sie ist unerreichbar.
Ich gehe zurück zum Fenster, den Elefanten suchend. Doch er ist verschwunden. Nur ein leises Echo bleibt. Ein Echo meines eigenen Herzschlags. Ich höre es. Es wird laut. Ich denke an die anderen Geschichten. Die von den Hühnern und dem Känguru. Ich lehne mich zurück. Sind wir alle nicht Schokolade? Vergänglich und süß? Ich weine wieder, und ich höre das Kichern der Dinge. „Die Zeit ist nur ein Mädchen mit einem Latexball“, sage ich vor mich hin. „Sie springt und springt und fragt nicht, wo sie landet.“ Ich lache. Ich weiß, dass die Worte verrückt sind, aber sie machen Sinn. Irgendwie. „Was ist mit den Geschichten?“, frage ich. „Die Geschichten sind hier“, sage ich zu mir selbst, „aber sie sind wie Bäume, die nie wachsen. Du musst sie pflanzen.“
Noch zögere ich, habe Angst vor dem Nichts. Doch dann stehe ich auf. Ich gehe zum Tisch und ziehe einen Stuhl hervor. „Du siehst aus wie ein Kämpfer“, sage ich. „Doch ich kämpfe nicht gegen das Nichts. Ich will leben!“ Es ist, als ob der Raum selbst lacht. Ich fühle die Zeit in mir, ein Strudel aus Erinnerungen und Wünschen. „Lasst uns tanzen“, rufe ich. Die Wände klatschen, die Wolken tanzen. Ich wechsele meine Form, werde zu meinem Tanzpartner. Der Elefant vor dem Fenster beginnt zu singen, die Uhr tickt im Takt. Ich fühle die Energie. Der Tag dehnt sich, wird zu einem lebendigen Wesen. Eine große Masse aus Licht und Dunkelheit, aus Freude und Trauer. Der Hund springt um mich herum, die seelenlosen Worte werden Melodien.
Ein elender Tag“, murmle ich, und doch glaube ich an die Wirksamkeit der RDS. Inmitten des Nichts findet sich immer ein Funke. Ich bin hier, und ich lebe. Immer denselben elenden Tag erleben, aber retten kann ich mich durch die Geschichten. Immerzu.